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Blick auf eine spitz zulaufende Rundbogen-Haustür in einer die Wand von unten halb mit Backstein eingefassten Fassade

Mit Ecken und Kanten

Backsteinexpressionismus zwischen Rhein und Havel
28.4. – 6.10.2024

Der Architekturstil des Backsteinexpressionismus bezeichnet eine Variante des Bauens in den 1920er Jahren. Ihn zeichnen Backsteinfassaden aus, die moderne Gebäude aus Stahlbeton und Glas verkleideten. Der Stil entwickelte sich fast ausschließlich in Deutschland mit dem Schwerpunkt auf dem norddeutschen Raum.

Die Ausstellung zeigte Fotos expressionistischer Gebäude von Düsseldorf über das Ruhrgebiet und Bielefeld bis nach Hamburg und Berlin. Sie spiegelten die Vielfältigkeit der Formensprache dieses Architekturstils in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.

Ein alter Baustoff - ein neuer Baustil

Die kühlen, kristallinen Formen des Expressionismus setzten sich deutlich vom Historismus ab, der mit historischen Stilen spielte und auf Vergangenem aufbaute. Parallel bauten viele Architekten bereits im Stil der Neuen Sachlichkeit, der sich einer noch viel nüchterneren Formensprache bediente. In Weimar und Dessau, aber auch in Düsseldorf experimentierten Gropius, Behrens und andere Architekten wiederum mit dem neuen Stil des Bauhauses. Zwischen den Stilen kam es immer wieder zu Überschneidungen. Eine eindeutige Zuordnung der Gebäude ist daher oft nicht möglich.

Baumaterial Backstein

Wichtigste Baumaterialien des Expressionismus in der Architektur waren der namensgebende Backstein und Klinker. Während die weniger intensiv gebrannten Backsteine für die Wände verbaut wurden, boten die hart gebrannten Klinker Material für eine vielseitige Formensprache der Fassaden.

Die raue, etwas glasartige Oberfläche bot nicht nur Widerstand gegen die Umwelteinflüsse durch Rauch und Ruß. Die Klinker zeigten auch ein reichhaltiges Farbspektrum, das von Rot über Violett bis fast Schwarz reichte. Die Fassaden strahlten dadurch viel Lebendigkeit aus – ein Eindruck, der durch die dekorativen Muster beim Vermauern der Klinker verstärkt wurde. Teilweise wurden sogar fehlgebrannte Klinkersteine wegen ihres individuellen Aussehens als dekorative Elemente verwendet.

Ein deutscher Stil?

Der Backsteinexpressionismus hatte seinen Schwerpunkt in Norddeutschland, Berlin und in den nordrhein-westfälischen Industrieregionen. Expressionistische Backsteingebäude sind selten in Europa – von einigen Bauwerken in den Niederlanden sowie in heute polnischen Gebieten abgesehen, gibt es außerhalb Deutschlands nur wenige.

 

Nur wenige Architekten waren stilbildprägend für diesen Baustil. Fritz Schumacher in Hamburg, Fritz Höger in Hamburg, Hannover und Berlin, Alfred Fischer und Josef Franke im Ruhrgebiet sowie Erich Mendelsohn waren die herausragenden Protagonisten im Ziegelbau der 1920er Jahre. Dazu kamen Stadtbauräte in Berlin, Gelsenkirchen oder Oberhausen, die ihre Städte mit dem expressionistischen Baustil prägten.

 

Neue Formen

Nach dem Ersten Weltkrieg hatte der Historismus mit seinen Ornamenten und der reichen Übernahme architektonischer Formen vergangener Architekturstile ausgedient. Die Reformbewegungen des 20. Jahrhunderts verlangten nach neuen Formen und Stilen. Der Architekt Adolf Loos verfasste bereits 1908 seine Streitschrift wider den Historismus samt Stuckelementen und historisierenden Fassaden.

Glas, Stahl, Beton und Ziegel waren die modernen Baustoffe des beginnenden 20. Jahrhunderts. Zickzack-Stil nannte man anfangs die klaren Linienstrukturen der ersten expressionistischen Ziegelbauten. Kristalline Formen bestimmen häufig den Architekturstil der Gebäude: Spitzbogen über den Eingängen, Fenstern, Erkern und Arkaden waren die bestimmenden Ausdrucksformen. Nach oben strebende Architekturelemente zeugten vom Wunsch nach Veränderung und der Kraft, gegen die bestehenden konservativen Elemente zu kämpfen.

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Katalog

Mit Ecken und Kanten

Backsteinexpressionismus zwischen Rhein und Havel. Hg. LWL-Museen für Industriekultur, Willi Kulke, Essen: Klartext-Verlag 2024. - zahlr. Abb. -
ISBN: 978-3-8375-2661-5
19,95 Euro

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